– Donnerstag –
Alleine. Für gut achtundvierzig Stunden. (ACHT UND VIERZIG!!!)
Für all die in Trennungen geübten Mütter und Väter unter euch mögen zwei Tage ein Klacks sein. Für mich jedoch ist es eine große Herausforderung. Eine Herausforderung, die notwendig zu sein scheint. Für das Wohl meines Kindes und auch für mich. Eine Herausforderung, deren Schritt ich privat wohl noch nicht gewagt hätte. Doch dieses Mal, bereits ein zweites Mal, ist es mein Job, der mich, der uns, zu unserem Glück zwingt.
Loslassen
Seit ich alleinerziehend mit Mann bin, ist das ohnehin schon starke Band zwischen Ben und mir noch stärker geworden und es zu kappen nahezu unmöglich. – Um dieses Band jedoch nicht in Stein zu meißeln, was für Ben und mich, früher oder später, ein fast unüberwindbares Hindernis darstellen würde, ist das Loslassen lernen und das Verlassen der Komfortzone unerlässlich! –
Dennoch sitze ich im Zug. Den Tränen nahe. Als einzige. Denn Ben, mein großer Junge, hat den Abschied mit viel Fassung getragen. Er hat Mama mit den Worten “Mama einsteige Zug. Ben winke!” kurz gewunken, um anschließend wieder mit Oma zu den unzähligen Feuerwehrautos, die neben dem Bahnhof in unserem Wohnrt stationiert sind, zu verschwinden! In der Hand den Quad von Feuerwehrmann Sam, den ich ihm als Abschiedsgeschenk am Bahnsteig überreicht habe. Ein Abschiedsgeschenk zur Aufmunterung und als kleinen Trost, das offenbar nicht notwendig gewesen wäre. Aber dennoch einen lauten Freudenschrei hervorrief.
Oma – Retterin in der Not!
… Nicht notwendig gewesen wäre, weil Ben den heutigen Tag gemeinsam mit Oma verbringen und sich deshalb wie ein kleiner König fühlen wird. Bekanntlich sind Omas und Opas eben doch nachlässiger als die Eltern. Was auch vollkommen in Ordnung ist. Denn Ben soll den heutigen Tag, bis Papa am Abend vorzeitig nach Hause kommt und somit ein Stück weit den Alltag in die doch fremde Situation einkehren lässt, in vollen Zügen (In denen ich übrigens gerade sitze!) genießen können! Und aus genau diesem Grund bin ich auch mehr als dankbar, dass Oma aus Berlin, meine Rettung in der Not, ohne die ich vermutlich nur mit schlechten Gewissen hätte fahren können, einspringt, was alles andere als selbstverständlich ist.
Ben jedoch noch früher als sonst in die KiTa zu bringen und danach zu seiner Freundin Emilia, bei deren Mama er sicher bestens aufgehoben wäre, abzuschieben, bis Papa ihn nachts dort abholen kommen würde, obwohl er momentan eh sehr an der Situation, dass Papa unter der Woche weg ist, zu knappen hat und letztendlich auch noch Mama gehen lassen müsste, kam für meinen Mann und mich nicht in Frage. Besser gesagt, hätte es vermutlich nicht nur Ben das Herz gebrochen, sondern auch uns Eltern.
Da mein Mann heute jedoch noch einen wichtigen Termin hat und auch ich alle Power in das morgige Event und dessen Vorbereitungen stecken muss und nur wenig Schlaf bekommen werde, wäre Herzschmerz keine Option gewesen.
Da am Ende aber bekanntlich alles gut wird und wenn es nicht gut ist, es auch noch nicht das Ende ist, konnte mein Mann einen Nervenzusammenbruch meinerseits abwenden, indem er kurzerhand seine Mutter verpflichtet hat. Zur Freude aller!
DANKE Oma!
Nachtrag von Samstagmorgen:
Achtundvierzig Stunden später und das Grauen hat noch immer kein Ende, auch wenn unser Event, das Event des Jahres, sensationell war. Seit Donnerstagmorgen weiß ich auch wieder, weshalb ich privat nie-nie-NIEMALS freiwillig Zug fahren würde! – Die einzige Ausnahme: Ben zuliebe! – Habe ich auf dem Hinweg noch alle vier Anschlusszüge, wenn auch nur sprintend, bekommen, haben ein lieber Kollege und ich heute weniger Glück. Trotz der Hoffnung, mögliche Verspätungen früh am Morgen, nach nur knapp drei bis vier Stunden Schlaf, vermeiden zu können. Trotzdem. Ich bin auf dem Weg zu meinen zwei Männern, dorthin, wo es am schönsten ist und das ist das einzige, was zählt! Und genau deshalb werde ich so schnell auch nicht mehr von ihrer Seite weichen.